Sonntag, 17.September 2023

Von Apfelbaum bis Zuckerrübe: Ralf Roesberger über Höhen und Tiefen der Selbstversorgung

Vor etwa 20 Jahren startete der ehemalige Hotelier Ralf Roesberger seine ersten Anbauversuche im Garten. Heute gehört er mit seinem Blog „Neulich im Garten“, einem eigenen Buch und dem YouTube-Auftritt „Der Selbstversorgerkanal“ längst zu den prominentesten Gesichtern der heimischen Selbstversorgerszene. Rund 260.000 Abonnenten sind dabei, wenn Roesberger in seinen Videos Pflanzerde herstellt, verschiedene Dünger testet, seine Hühner versorgt oder Melonen erntet. Wir haben mit ihm über die Chancen und Grenzen der Selbstversorgung gesprochen.

Wer bei Selbstversorgung an Zucchini, einen Apfelbaum und fünf Kartoffelpflanzen denkt, kennt Ralf Roesberger nicht. Auf etwa 2.000 Quadratmetern haben der Rheinländer und seine Familie schon so ziemlich alles angebaut – von klassischem Gemüse über Reis, Kiwibeeren und Linsen bis hin zu Weizen, Kichererbsen, Quinoa oder Mohn. Dazu kommen eigene Hühner und Bienen. Wie kam es dazu? Tatsächlich sah der Alltag von Roesberger und seiner Frau als ehemalige Hotelbetreiber zunächst ganz anders aus. „Ich war einer von denen, die Rote Beete nicht kennen“, gesteht der Rheinländer freimütig ein. Im eigenen Schrebergarten geht Roesberger langsam seine ersten Schritte in Sachen Gemüseanbau und Co., „damals noch ganz ohne Internet, ich habe einfach ausprobiert“. Als die Familie später aufs Land zieht, steht dem Hobbygärtner plötzlich eine riesige Fläche zur Verfügung – Und er legt einfach los. Die Jahre bringen immer neue Ideen, Erfolge, aber auch Erkenntnisse: „Getreide beispielsweise lässt sich zwar anbauen, aber es in einen verzehrfähigen Zustand zu bringen, ist schwierig. Manche Kulturen wiederum gedeihen in einem Jahr prächtig, im nächsten überhaupt nicht.“

Leben als Selbstversorger: Nicht immer einfach

Über Erfolge und Misserfolge berichtet der Rheinländer auch auf seinem Blog und YouTube-Kanal. Mit ihnen möchte er altes Wissen erhalten und auch bei anderen den Spaß am Gärtnern wecken – und stößt damit auf viel Interesse. „Die mediale Berichterstattung über Lebensmittelskandale und lange Transportwege bringt einige zum Nachdenken“, so seine Feststellung. Auch die Idee eines naturnahen Lebens mit frischem Gemüse aus eigenem Anbau, fasziniere viele. Jedoch bringe Selbstversorgung aber auch Schwierigkeiten mit sich – etwa, wenn es an die Urlaubsplanung geht. „Meine Haupterntezeit ist nun einmal im Sommer, da kann ich eigentlich nicht weg“, so Roesberger. Ein Aspekt, den man ebenfalls nicht unterschätzen sollte, ist die Verarbeitung der angebauten Lebensmittel. Laut Roesberger steckt darin teilweise sogar mehr Arbeit, als im eigentlichen Anbau. Er selbst hat vom Einkochen bis zu sauer Einlegen schon alle möglichen Methoden der Haltbarmachung ausprobiert. Seine Quitten bringt er zum Entsaften. Gemüseüberschuss verschenkt die Familie im Freundes- und Kollegenkreis – „und was dann noch übrig ist, darüber freuen sich die Hühner“.

Die Saison bestimmt, was auf den Tisch kommt

Auch die Ernährungsgewohnheiten müssen für ein Leben als Selbstversorger umgestellt werden, denn auf den Tisch kommt, was gerade reif ist – und das auch in der ernteärmeren Jahreszeit. „Natürlich gehen wir mit den Kindern auch mal zu McDonalds oder Döner essen. Aber Gurke oder Tomate im Winter: Das gibt es bei mir nicht“, steht für Roesberger fest. Trotzdem möchte der Profi seinen jetzigen Lebensstil nicht missen. „Selbst angebaute Lebensmittel zu essen ist eine wunderbare Erfahrung und ein viel größerer Genuss.“ Gerade mit Blick auf seine Kinder sieht er darüber hinaus aber auch einen langfristigen, bleibenden Wert: „Die eigenen Tiere halten, das eigene Gemüse säen und ernten – Auch, wenn ihr Interesse jetzt noch verhalten ist, werden sie später von diesen Erfahrungen profitieren.“ Und auch seine eigene Wertschätzung für die Landwirtschaft und die Menschen, die darin arbeiten, ist durch seine Erfahrungen gewachsen: „Ich habe sehr große Hochachtung vor den Landwirten.“

Einstieg in die Selbstversorgung: Das rät der Profi

Was sollten Interessierte nun für einen Start in die Selbstversorgung mitbringen? Roesberger rät dazu, klein anzufangen: „50 Quadratmeter Anbaufläche sind auch neben dem Job noch stemmbar.“ Laut dem Experten zählen vor allem das Interesse und die Lust am Ausprobieren. „Natürlich kann man sich Anregungen im Internet holen, aber das Sammeln von eigenen Erfahrungen ist es, was zählt.“ Schließlich gelte es, sich auf die Natur und die Gegebenheiten vor Ort einzulassen – weil eben nicht alle Kulturen auch überall und immer anbaubar sind. „Jeder Garten ist anders, jeder Boden ist anders“, bringt es der Experte auf den Punkt. „Ich passe nicht meinen Garten meinen Wünschen an, sondern ich passe meine Wünsche meinem Garten an.“

Fotos: privat (Der Selbstversorgerkanal)


Hier geht es zu den Profilen von Ralf Roesberger:

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