Mit seinem Blog schaffte Dr. Willi Kremer-Schillings, besser bekannt als „Bauer Willi“, einen Ort für Austausch und Diskussion über Landwirtschaft und Lebensmittel, an dem Konsumenten und Landwirte zusammenkommen. Am 16. Januar 2023 veröffentlichte Bauer Willi nun sein zweites Buch unter dem Titel „Satt und unzufrieden – Bauer Willi und das Dilemma der Essensmacher“. Worum es geht und an wen sich das Buch richtet, hat er unserer Geschäftsführerin Evelyn Zschächner im Interview verraten.
Du bist seit vielen Jahren Mitglied unserer Initiative Heimische Landwirtschaft und wir kennen uns schon länger. Deshalb bleiben wir auch bei diesem Interview beim Du.
BW: Selbstverständlich.
Du bist vor ein paar Jahren als „Wutbauer“ im Internet bekannt geworden und hast seither immer wieder Verbrauchern, aber auch ab und an den Berufskollegen die Leviten gelesen. 2016 kam dann mit „Sauerei“ Dein erstes Buch heraus. Darin beschreibst Du unter anderem, wie das Verhalten von uns Verbrauchern die Landwirtschaft beeinflusst. Jetzt hast Du wieder ein Buch geschrieben. Wie kam es dazu?
BW: Es gibt mehrere Gründe. Ein ganz einfacher war Corona. Ich hatte viel Zeit und wollte meine Gehirnzellen weiter trainieren. Der wichtigere Grund war aber, dass ich in der Zeit von 2015 bis heute sehr viele Argumente, Meinungen und Sichtweisen kennengelernt habe, wie man die heutige Landwirtschaft wahrnimmt. Und da zeigt sich viel Halbwissen und viele Vorurteile. Der dritte Grund: Es soll eine Sammlung von Antworten auf die Vorwürfe sein, mit denen wir Landwirte jeden Tag konfrontiert sind.
Das Buch richtet sich also in erster Linie an Verbraucherinnen und Verbraucher?
BW: Richtig, die Hauptzielgruppe sind unsere Mitbürger, die sich für Landwirtschaft und Ernährung interessieren. Die eine klare Meinung aber nicht unbedingt viel Wissen zu Massentierhaltung, Gentechnik, Monokulturen und Nitrat haben, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Denen möchte ich meine Sicht der Dinge aufzeigen und die könnte etwas anders ausfallen als der Mainstream. Aber ich habe es auch ein wenig als Stoffsammlung für uns Landwirte geschrieben. Diese Argumente können wir bei unseren Gesprächen mit Mitbürgern nutzen.
Es bleibt also weiterhin wichtig, dass die Debatte um das Verhältnis von Landwirtschaft und Gesellschaft geführt wird?
BW: Absolut! Das ist eine Aufgabe, die wir als Landwirte zu lange vernachlässigt haben. Und wir brauchen einen langen Atem, wenn wir mit unseren Argumenten überzeugen wollen.
Worum geht es in diesem neuen Buch? Was möchtest Du Deinen Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?
BW: Da möchte ich unterscheiden zwischen Bürgern und Bauern. Dem Bürger, der ja gleichzeitig auch der Konsument ist, möchte ich fragen, wo zukünftig der Schwerpunkt unserer Arbeit als Bauern sein soll. Will er gute und bezahlbare Lebensmittel? Können wir. Will er mehr Naturschutz? Können wir auch. Oder soll es mehr Klimaschutz sein? Auch das können wir. Unser Dilemma: Wir können nicht alles gleichzeitig und vor allem nicht ohne eine Gegenleistung. Da gibt es viele Zielkonflikte und die zeige ich auf.
Meinen Berufskollegen möchte ich sagen: Nehmt die Kritik an unserer Arbeit ernst. Wir waren viel zu lange in der Defensive oder haben geschwiegen. Öffnet euch und eure Höfe für ernsthafte Gespräche. Zeigt, wie wir arbeiten, damit das Vertrauen in unsere Arbeit wieder wächst. Wir können das nicht delegieren, jeder von uns muss da ran.
Du bist auf vielen Kanälen unterwegs. Du hast einen eigenen Blog, bist bei Facebook, Twitter, Instagram und YouTube. Du hast Kontakte zu großen Zeitungen und bist auch ab und zu im Fernsehen. Nicht nur in Deutschland. Warum machst Du das? Und welche Mitarbeiter hast Du, die Dich unterstützen?
BW: Fangen wir mit der letzten Frage an: Ich mache alles komplett allein. Da ist kein Apparat, der zum Beispiel die Korrespondenz erledigt oder die Fahrkarten kauft. Warum ich das mache? Weil man mir nachsagt, dass mir die Gnade gegeben wurde, mich halbwegs verständlich auszudrücken und damit offensichtlich viele Menschen erreiche. Ich mache es auch für die Jugend, denn unser Sohn steht schon in den Startlöchern und will unseren Betrieb übernehmen. Meine Motivation sind aber auch die vielen positiven Rückmeldungen, die ich bekomme.
Welche Pläne hast Du für die Zukunft?
BW: Ich habe mal einen schönen Satz gelesen: „Wenn Du Gott zum Lachen bringen willst, erzähle ihm von Deinen Plänen“. Ich bin jetzt 68 und muss in meinem Leben nichts mehr erreichen. Solange ich Freude an dem habe, was ich tue, werde ich weitermachen. Das Schöne war und ist ja, dass ich eben keinen Plan habe, sondern immer nur zwei oder drei Tage nach vorne denke. Immerhin waren das bisher über 3.000 Artikel und wenn man 365 Tage mit 8 Jahren multipliziert, kommt da 2.920 heraus. Folglich jeden Tag ein neuer Artikel.
Ganz herzlichen Dank für das Gespräch!
Dr. Willi Kremer-Schillings ist promovierter Agrarwissenschaftler und Bauer aus Leidenschaft auf seinem Hof am Niederrhein. Seit 2015 schreibt er als „Bauer Willi“ auf seinem Blog über Lebensmittel und Landwirtschaft. Sein Ziel ist es, mehr Transparenz für die Konsumenten und Wertschätzung für die Bauern zu schaffen. Sein erstes Buch „Sauerei! - Bauer Willi über billiges Essen und unsere Macht als Verbraucher“ erschien Februar 2016. Auch auf anderen sozialen Kanälen wie Instagram und YouTube hält er den Dialog über die Agrarwelt am Laufen.
Blog: www.bauerwilli.com
Instagram: @bauer_willi_official
Twitter: @BauerWilli_org
Facebook: Bauer Willi
YouTube: @bauerwilli8648
Preis: 24€
Verlag: Westend Verlag, Frankfurt a. M.
Seiten: 288
ISBN: 386489395X
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