Donnerstag, 14.Juli 2022

Qualität statt Masse | Interview mit Steffen-Alexander Meyer vom Spargelgut Meyer, Kirchwahlingen

Steffen-Alexander Meyer ist gelernter Gärtner und hat an der Hochschule Osnabrück Agrarwissenschaften studiert. Der 33jährige hat den Betrieb seiner Eltern im Jahr 2018 übernommen und setzt auf Innovationen und Diversifizierung, um den Hof erfolgreich weiterzuführen.

 

Wer nach Kirchwahlingen zum Spargelgut Meyer kommt, fühlt sich direkt wohl. Das liegt nicht nur an der malerischen Umgebung der Lüneburger Heide mit Wiesen, Weiden und Flüssen, sondern auch der herzliche Empfang macht es Gästen leicht, bei Familie Meyer anzukommen. Mit eigenem Hofladen, einem Hofcafé und einem zu besonderen Anlässen geöffneten Gastronomiebetrieb haben die Meyers fast täglich Kundinnen und Kunden auf dem Hof. Ihnen nicht nur leckere Produkte, sondern auch eine gute Zeit und ein positives Erlebnis zu bieten, ist für das Team vom Spargelgut Meyer eine Herzensangelegenheit.

Wie es der Name verrät, dreht sich bei den Meyers alles um den Spargel. Bereits in vierter Generation wird das edle Gemüse auf den Feldern rund um das Örtchen Böhme (im Heidekreis zwischen Hannover und Bremen gelegen) angebaut. Obwohl im Laufe der Zeit viele weitere Standbeine hinzugekommen sind, ist der Spargel nach wie vor das wichtigste Produkt. Seit 2018 wird der Hof von Steffen-Alexander Meyer geführt. Wir haben mit ihm über den Spargelanbau und seine Philosophie für den elterlichen Hof gesprochen.

Das Spargelgut Meyer ist ein Hof mit langer Familientradition. Sie haben den Betrieb von Ihren Eltern übernommen. Fiel Ihnen diese Entscheidung schwer?

Absolut nicht. Für mich war das einfach ein Stück weit Herzblut, in die Fußstapfen meiner Vorfahren zu treten und hier weiter Landwirtschaft zu betreiben. Unser Betrieb ist ja vergleichsweise breit aufgestellt. Neben dem Spargel, den wir nicht nur anbauen, verarbeiten und vermarkten sowie junge Spargelpflanzen an andere Landwirte verkaufen, sind wir auch aktiv im Bereich erneuerbare Energien. Unter anderem projektieren und bauen wir Solaranlagen. Außerdem haben wir noch einen kleinen Forstbetrieb, einen Feuerholzhandel und erledigen diverse kommunale Arbeiten wie den Winterdienst oder das Mulchen von Feldrändern. Wir bewirtschaften natürlich auch Acker- und Grünland und bauen unter anderem Brotroggen und Sonnenblumen an.

Was unterscheidet das Spargelgut Meyer von anderen Höfen?

Zum einen ist es sicherlich die Vielfalt. Wir sind eben kein reiner Saisonbetrieb, sondern haben mehrere Standbeine. Diese Diversifizierung macht die Arbeit auch so interessant. Man trägt die Verantwortung und muss jeden Tag 100 Prozent geben. Aber man kann eben auch viele Dinge selbst entwickeln und direkt umsetzen.

Woran denken Sie dabei konkret?

Beim Bestellen unserer Äcker hat es für mich oberste Priorität, dass wir Nahrungsmittel anbauen. Deshalb wird unser Roggen auch ausschließlich für die Herstellung von Mehl für Brot und Backwaren verwendet. Seit ein paar Jahren bauen wir außerdem auch Süßkartoffeln und Wassermelonen an. Das ist sicher etwas exotisch, aber wir beschäftigen uns einfach mit den Auswirkungen des Klimawandels und wollen auch in Zukunft hier in Niedersachsen Lebensmittel produzieren. Daher experimentieren wir mit verschiedenen Kulturen.

Süßkartoffeln und Wassermelonen sind schon relativ ausgefallen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie weitere, für die Region eher ungewöhnliche Produkte anbauen möchten, oder?

Das ist richtig. Demnächst steigen wir in den Anbau von Erdnüssen ein. Auch Meerrettich und Fenchel wollen wir aufnehmen.

Sie werben mit dem Slogan „Der innovative Spargelanbau“. Was kann man sich darunter vorstellen?

Bei uns gibt es von der Züchtung der Jungpflanzen bis zum fertigen Endprodukt alles rund um Spargel. Wir führen regelmäßig Versuche durch und entwickeln dadurch Sorten, die für verschiedene Standorte und Böden geeignet sind. Unsere Jungpflanzen verkaufen wir europaweit an andere Landwirte. Auch was die Erntetechnik angeht, sind wir immer dabei, diese zu optimieren. Unsere Vollerntemaschinen haben wir mitentwickelt und verkaufen diese mittlerweile auch an Berufskollegen. Dass wir immer eine hervorragende Qualität beim Spargel anbieten können, das ist unser Anspruch. Dafür versuchen wir möglichst immer die optimalen Bedingungen zu schaffen. Unsere Spargeldämme sind zum Beispiel alle mit Schläuchen ausgestattet, so dass wir Wasser aber auch wichtige Nährstoffe punktgenau ausbringen können, wenn es notwendig ist. Wir kümmern uns wirklich intensiv um jedes Spargelfeld und nehmen Flächen auch aus der Bewirtschaftung, wenn die Qualität des Spargels nicht mehr stimmt, wenn also zu viele holzige oder bittere Stangen dabei sind. Für mich sind die qualitativen Parameter unglaublich wichtig. Denn nur darüber können wir uns am Markt gegenüber denen, die im Lebensmitteleinzelhandel vermarkten, behaupten.

Ihren Spargel gibt es also nicht im Supermarkt?

In ausgewählten, kleineren und inhabergeführten Märkten hier in der Umgebung kann man unsere Produkte schon kaufen. Aber wir gehen nicht den Weg eine möglichst große Menge überregional im Lebensmitteleinzelhandel anzubieten. Statt Masse setzen wir auf die Qualität. Das erwarten unsere Kunden auch von uns. Wir verkaufen einen Teil unserer Ernte an die Gastronomie im Umkreis von maximal 150 Kilometern, in Dorfläden in der Region und natürlich in unserem Hofladen und in eigenen Verkaufsstellen.

Was bekommt der Kunde, wenn er den Spargel direkt bei Ihnen kauft?

Unsere Kunden bekommen immer ein absolutes Top-Produkt. Wir bieten neben dem klassischen weißen Spargel auch grünen und violettfarbenen an. Und wir haben auch verschiedene Sortierungen. So gibt es verschiedene Durchmesser und wer mag kann auch nur Spargelköpfe oder Spargelbruch kaufen.

Was uns besonders am Herzen liegt ist der ehrliche Umgang mit dem Kunden. Wir erzeugen und vermarkten regional. Der Weg vom Feld zum Verbraucher ist besonders kurz. Das spart natürlich auch Ressourcen. Wir haben vor einigen Jahren auch einen gewissen Fokus auf den Service gelegt als wir gesagt haben: Wir schälen für den Kunden den Spargel gratis. Er bezahlt keinen Aufpreis.

Man kann bei Ihnen in Kirchwahlingen außerdem eine „Spargelschule“ durchlaufen. Was erwartet Verbraucherinnen und Verbraucher dabei?

Hinter der Spargelschule verbirgt sich die Philosophie, dass wir den Kundinnen und Kunden eine gläserne Produktion anbieten. Jeder Kunde kann, wenn er das möchte, unter mein Kopfkissen gucken, und ich will jedem auch alles offen erklären und zeigen. Ich möchte auch erklären, wo die Problemfelder in der Branche liegen. Wenn Besucher zu uns kommen, können sie gerne auch selber Spargel stechen. Spargel kann man bei uns also vom Feld bis auf den Teller erleben. Wir möchten den Kunden einbinden und mitnehmen. Das ist es, was für uns die gläserne Produktion ausmacht. Mit persönlich ist das viel wichtiger als irgendeine Zertifizierung.  

Sie haben die Probleme der Branche angesprochen. Was bereitet Ihnen aktuell Sorgen?

Generell ist es für uns und andere Spargelanbauer zunehmend komplizierter geworden ausreichend Saisonarbeitskräfte zu finden. Durch das Coronavirus hat sich die Situation noch einmal verschärft, aber generell müssen wir davon ausgehen, dass wir jedes Jahr weniger Arbeiterinnen und Arbeiter bekommen werden. Wir brauchen diese Menschen zum einen auf den Feldern bei der Ernte, aber die Weiterverarbeitung ist ebenso personalintensiv. Wir versuchen schon hier möglichst viele Prozesse zu automatisieren und dadurch auch zu vereinfachen. Aber ganz ohne Personal funktioniert Spargelanbau nicht. Auch unsere im europaweiten Vergleich relativ hohen Löhne machen es uns Landwirten schwer gegen Konkurrenz aus dem Ausland zu bestehen. Das wird zur Folge haben, dass sich zum Beispiel der Spargelanbau massiv ins Ausland verlagern wird, weil etwa in Osteuropa der Mindestlohn niedriger ist. Das geht auch zu Lasten der Qualität. Wir werden dann auf dem deutschen Markt weniger hochwertigen Spargel kaufen können und generell nimmt das Angebot an wirklich regionaler Ware natürlich ab. Das ist schade, aber die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland sind eben kaum bereit, für ein exzellentes Produkt auch einen entsprechenden Preis zu bezahlen.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, um mit dieser Situation umgehen zu können?

Wir werden unsere Flächen noch intensiver nutzen. Wir konzentrieren uns auf weniger Flächen, bauen dort aber mehr an. Das spart Ressourcen.

Was erwarten Sie von der Politik?

Hier fehlt mir einfach die Beständigkeit. Ich habe kein Problem damit mich auf neue Vorgaben einzustellen, wenn die Problemfelder dann aus der Praxis auch gehört werden. Die angepasste Düngung ist so ein Schlagwort. Man muss unter anderem berücksichtigen wie viele Pflanzen man auf einem Hektar anbaut, ob 18.000 oder 56.000. Das macht bei der Düngung dann schon einen Unterschied. Was uns fehlt sind beständige, klare Vorgaben und diese aktuelle Herangehensweise, nur auf Trends zu setzen, ist für uns Landwirte im Allgemeinen und für uns Sonderkulturbetriebe im Besonderen sehr schwierig.  

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Das Interview mit Steffen-Alexander Meyer | Zum Download auf das Bild klicken (PDF):


Beitrag jetzt teilen

mitglieder_in_deutschland

Bereits
1256 Mitgliedsbetriebe
aus ganz Deutschland

Alle Mitgliedsbetriebe in der Übersicht anzeigen