Freitag, 11.März 2022

„Kurze Wege für die Landwirtschaft sind unser Anspruch“

Große, zylinderförmige Silos und weitläufige Lagerhallen, sie sind typisch für Landhandelsunternehmen, wie es sie in ländlichen Regionen häufig gibt. Als Nicht-Landwirt kommt man mit ihnen höchstens dann in Kontakt, wenn man auf der Suche nach Gartengeräten, Tierfutter oder Material für das eigene Zuhause ist und in einem Ladengeschäft von BayWa, Raiffeisen und Co. einkauft. Für die heimischen Landwirte sind diese Unternehmen hingegen ganz zentrale Partner. Denn sie kümmern sich u.a. darum, dass der Landwirt Düngemittel oder Landmaschinen erhält und helfen beim An- und Verkauf von Getreide.  

Der Landhandel hat in Deutschland eine lange Tradition. Eines dieser Handelshäuser mit langer Geschichte ist die Raiffeisen Waren GmbH. Bereits 1895 gegründet, arbeiten heute mehr als 2.500 Menschen für das Unternehmen, das seinen Sitz in Kassel hat.

Doch was macht ein solches Landhandelsunternehmen genau? Und welche Rolle spielt es für die Landwirte, wenn es darum geht, Getreide zu verkaufen? Darüber haben wir mit Alexander Stephani gesprochen. Der 47-Jährige arbeitet seit 2005 für die Raiffeisen Waren GmbH in Thüringen und leitet den Bereich Getreidehandel.

Die Arbeit von Landwirten stellt sich manch einer eher einsam vor: Der Landwirt zieht mit einem Traktor auf dem Feld seine Runden und füttert Tiere. Dabei braucht es für eine funktionierende und leistungsfähige Landwirtschaft ja an vielen Stellen verlässliche Unterstützung. Handelshäuser sind dabei eine wichtige Schnittstelle. Was genau bieten Sie dem Landwirt?

AS: Die Raiffeisen Waren GmbH ist seit mehreren Jahrzenten ein verlässlicher Partner für die Landwirtschaft. Wir unterhalten an mehreren Standorten Betriebsstellen für Getreide, Pflanzenschutz, Dünger, Saatgut, Energie, Technik, Kraftfutter und auch eigene Baumärkte. Dabei bieten wir nicht nur passende Produkte, sondern beraten auch und nehmen dem Landwirt Arbeit ab, indem wir passende Services anbieten, sogar im administrativen Bereich.

Auch wenn manche Landwirtschaftsbetriebe ihr angebautes Getreide selbst nutzen und es z.B. als Tierfutter verwenden, wird doch meist ein mehr oder weniger großer Teil vermarktet. Welchen Vorteil haben Landwirte, die ihr Getreide zu Ihnen liefern?

AS: Mit unseren Standorten für die Erfassung der Agrarprodukte sind wir flächendeckend für die Landwirtschaft vor Ort, um nicht nur in der Erntesaison eine zügige Abnahme und Vermarktung für Getreide, Ölsaaten und Hülsenfrüchte zur gewährleisten. Getreu dem Motto „Gemeinsam Handeln“ unterstützen wir damit Landwirte aktiv bei ihrem Geschäft.

Wie viele Tonnen Getreide wurden Ihnen im letzten Jahr geliefert?

AS: Die Erfassungsmengen schwanken je nach Witterung, gerade hier sieht man die Auswirkungen des Klimawandels deutlich. 2021 waren es ca. 900.000 Tonnen im Unternehmen.

Aus welchen Regionen kommt das Getreide, das bei Ihnen gehandelt wird?

AS: Unser Einzugsgebiet bleibt regional, kurze Wege für die Landwirtschaft sind unser Anspruch. Wir erfassen Getreide hauptsächlich in Thüringen, Hessen, Niedersachsen und Sachsen.

Was passiert mit dem Getreide, dass Sie ankaufen?

AS: Wir sehen uns als Bindeglied zwischen Landwirtschaft und der Nahrungs- und Futtermittelkette. Das Getreide geht zu großen Teilen an die deutsche Mühlen, Mälzereien, Mischfutterwerke und technische Verarbeiter (z.B. Alkoholproduzenten). Die Ölsaaten werden ebenfalls fast komplett an deutsche Ölmühlen geliefert. Nur ein geringer Anteil unseres Getreides wird in den Export verkauft. Wir sorgen in der Regel auch für den Transport der Güter zum Kunden. Da wir in Thüringen und Sachsen sechs Getreidelager mit Bahnanschluss betreiben, sind die Transportwege überwiegend per Bahn und LKW. In Niedersachsen und Hessen vermarkten wir Getreide ebenfalls per Binnenschiff.

Wie wird der Preis für das Getreide ermittelt?

AS: Die Preisniveaus für die Agrarerzeugnisse unterliegen nur zum Teil dem regionalen Einfluss. Einen gewissen Einfluss haben die Preisniveaus an den europäischen (z.B. MATIF) und internationalen Getreidebörsen (z.B. CBOT). Letztendlich entscheidet aber immer das aktuelle Geschäft zwischen zwei Handelspartnern über das Preisniveau.

Wie hat sich der Getreidepreis in den letzten Jahren entwickelt?

AS: Die Getreidepreise der letzten Jahre sind gerade unter dem Einfluss des Klimawandels volatiler geworden. Mit einer steigenden Weltbevölkerung sehen wir eine steigende Nachfrage. Allerdings machen sich auch politische Einflüsse bemerkbar, wie wir leider aktuell sehen müssen.

 

Interview (PDF) downloaden (auf das Bild klicken)


Beitrag jetzt teilen

mitglieder_in_deutschland

Bereits
1479 Mitgliedsbetriebe
aus ganz Deutschland

Alle Mitgliedsbetriebe in der Übersicht anzeigen